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Mehr als ordentliche Etiketten: So wirkt sich die Überwachung nach dem Inverkehrbringen gemäß MDR auf den Content aus

Geschrieben von Barbara Peralta | 10.11.2022 10:41:47

Die Umsetzungsfrist der MDR rückt näher und viele Hersteller von Medizinprodukten haben ihre mehrsprachige Produktdokumentation und Kennzeichnung bereits angepasst. Allerdings reicht eine einfache fristgerechte Aktualisierung der Inhalte nicht aus, um den neuen Vorgaben Genüge zu tun. Das neue Regelwerk betrifft vor allem die Überwachung nach dem Inverkehrbringen (Post-Market Surveillance, PMS) sowie die Leistung und Sicherheit der Produkte. Es entsteht dabei deutlich mehr übersetzungsrelevanter Content − weit über die Produktkennzeichnung hinaus. Medizinproduktehersteller sollten sich auf diesen dauerhaft hohen Übersetzungsbedarf einstellen.  

Überwachung nach dem Inverkehrbringen und die Folgen für den Übersetzungsbedarf 

In der EU-Verordnung 2017/746 für Medizinprodukte (MDR) ist die Überwachung nach dem Inverkehrbringen wie folgt definiert: 

„Alle Tätigkeiten, die Hersteller in Zusammenarbeit mit anderen Wirtschaftsakteuren durchführen, um ein Verfahren zur proaktiven Erhebung und Überprüfung von Erfahrungen, die mit den von ihnen in Verkehr gebrachten, auf dem Markt bereitgestellten oder in Betrieb genommenen Produkten gewonnen werden, einzurichten und auf dem neuesten Stand zu halten, mit dem ein etwaiger Bedarf an unverzüglich zu ergreifenden Korrektur- oder Präventivmaßnahmen festgestellt werden kann.“ 

Diese in einem Plan zur Überwachung nach dem Inverkehrbringen aufgeführten Tätigkeiten müssen so lange durchgeführt werden, wie das Produkt auf dem Markt ist. Ein solcher PMS-Plan und das entsprechende System dienen der Patientensicherheit. Er muss für alle Medizinprodukte vorliegen. Hierzu gehört je nach Medizinproduktklasse die Erstellung eines PMS-Berichts (PMSR) oder eines regelmäßig aktualisierten Berichts über die Sicherheit (PSUR). 

Ein PMSR ist für Medizinprodukte der Klasse I erforderlich. Medizinprodukte der Klassen IIa, IIb und III benötigen einen PSUR. Dieser muss für Produkte der Klasse IIa alle zwei Jahre und für Produkte der Klassen IIb und III jährlich aktualisiert werden. Die Berichte basieren auf den im PMS-Plan gesammelten Daten. 

Teil des PMS-Plans ist die klinische Nachbeobachtung nach dem Inverkehrbringen (PMCF). Bei diesem kontinuierlichen Prozess werden klinische Bewertungen konstant aktualisiert. Die PMCF ermittelt im Rahmen des PMS die praktische klinische Erfahrung mit dem Medizinprodukt. 

Obwohl bereits die Medizinprodukterichtlinie (MDD) eine Aktualisierung der klinischen Bewertung mit Daten aus dem PMS vorschrieb, fordert die MDR jetzt eine detailliertere Beschreibung der proaktiven Erfassung und Auswertung der klinischen Daten, damit die Produktsicherheit und -leistung gewährleistet ist. 

Benannte Stellen überprüfen, ob ein PMS-Plan angemessen ist. Mit der MDD wird das Ziel verfolgt, Dokumente auf aktuellem Stand zu halten. Die MDR schreibt nun weiter vor, dass kontinuierlich klinische Daten zu erheben sind, damit sichergestellt ist, dass das Produkt über seine gesamte Lebensdauer hinweg seiner Zweckbestimmung gemäß funktioniert und sicher ist. 

Die Daten, die nach dem Inverkehrbringen erhoben werden, können aus Benutzer- oder Fokusgruppen, Kundenumfragen, Beschwerderegistern, Nebenwirkungsprotokollen, Medien- und Literaturrecherche sowie Tests nach der CE-Kennzeichnung stammen. Der Content wird in diversen EU-Sprachen erstellt und muss in den meisten Fällen übersetzt werden, damit er in entsprechende Auswertungen für die Überprüfung des Produkts nach dem Inverkehrbringen Eingang findet: 

1. Feedback über Fokusgruppen und Kundenumfragen

An valide Daten von Endverbrauchern gelangen Hersteller von Medizinprodukten über Fokusgruppen oder Umfragen in der EU-Sprache der Endverbraucher. Fragebögen und Umfragen müssen daher übersetzt und die Antworten später rückübersetzt werden, um die Daten zu harmonisieren und für die Auswertung vorzubereiten. 

2. Beschwerden und Nebenwirkungen

Dieser Content wird meist in der Sprache des jeweiligen Patienten oder des klinischen Fachpersonals erstellt. Auch hier muss − um die Daten auszuwerten, Trends zu erkennen und den Content weiter zu analysieren − in eine Sprache rückübersetzt werden, die zur Harmonisierung geeignet ist (meist Englisch). Ein guter PMS-Plan beinhaltet ein Überwachungsprogramm zur systematischen Erfassung der Daten. Ein optimierter Prozess für die Übersetzung und Bewertung der Inhalte und die zeitnahe weitere Untersuchung ist im Sinne eines wirksamen Überwachungsprogramms entscheidend wichtig und sollte Teil des allgemeinen PMS-Systems sein.

3. Medien- und Literaturrecherche 

Dieser Content wird meist in lokalen Sprachen erstellt und es ist für eine angemessene Auswertung folglich dessen Rückübersetzung nötig. 

4. Tests nach der CE-Kennzeichnung und klinische Nachbeobachtung (PMCF)

Je nach Risikokategorie müssen im Rahmen des PMS-Plans nach dem Inverkehrbringen bestimmte Prüfungen durchgeführt werden. Das erfordert die Übersetzung von Unterlagen zu klinischen Prüfungen nach Studien. Darüber hinaus sind im PMCF-Plan die Studien und Daten genannt, die in den PSUR, den Kurzbericht über Sicherheit und klinische Leistung (SSCP) und schließlich in die Kennzeichnung und die Gebrauchsanleitungen (IFU) einfließen. 

5. SSCP

Dieser Bericht ist für Produkte der Klasse III sowie implantierbare Geräte erforderlich und liefert medizinischem Fachpersonal und Patienten aktuelle Informationen zur Sicherheit und Leistung des Medizinprodukts. Der SSCP muss in alle EU-Sprachen übersetzt werden und wird jährlich aktualisiert. 

Best Practices für Sprache und Übersetzung im Bereich der Überwachung nach dem Inverkehrbringen

Im Rahmen der PMS wurde schon immer übersetzungsrelevanter Content erzeugt, doch durch den verstärkten Fokus auf proaktive Prozesse erhöht sich dieses Content-Volumen zwangsläufig. Acolad hat Best Practices entwickelt, mit denen Sie sich auf die zu erwartende Content-Flut vorbereiten können:

Maschinelle Übersetzung 

Der Einsatz maschineller Übersetzung macht das Übersetzungsvolumen beherrschbar. Maschinell übersetzter Content sollte aus Qualitätsgründen immer im Rahmen des sogenannten Post-Editing von qualifizierten Fachübersetzern überprüft werden. Liegen Beschwerden und Recherche-Ergebnisse aus Medien und Literatur in großer Zahl vor, kann zunächst zur Einschätzung eine Rohübersetzung in Englisch erstellt werden, um Risiken und Trends zu bewerten. 

Automatisierte Übersetzung 

Ausgangspunkt ist das Kundenportal von Acolad: Hier treffen Anfragen ein, die dann ein automatisiertes Produktionssystem durchlaufen. Das Portal nutzt unsere Translation Memorys und bietet die Möglichkeit maschineller Übersetzung. Diese Technologien sowie das große Netzwerk unserer Sprachexperten werden in automatischen Workflows miteinander verzahnt. Der auf diese Weise aufbereitete und vorübersetzte Content kann somit schnell in die Übersetzungs- und Reviewphase überführt werden. 

Ein neuer Ansatz 

Um dem wachsenden Bedarf gerecht zu werden und die Dokumentation über Qualität und Leistung auf aktuellem Stand zu halten, ist eine strukturierte Content-Strategie erforderlich. Der bisherige, dokumentbasierte Ansatz, bei dem PMS- und Qualitätsberichte sowie die technische Dokumentation erstellt und dann kontinuierlich aktualisiert wurden, ist für die Steuerung von reguliertem Content, Multichannel-Veröffentlichungen und ein effizientes und präzises Change-Management – alles wichtige Punkte im Rahmen der MDR – nicht mehr zeitgemäß. 

Die Lösung für eine langfristig effiziente, MDR-konforme PMS ist eine umfassende Content-Strategie auf der Grundlage von strukturiertem Authoring, Content Management und Content Delivery sowie ein integrierter Übersetzungs-Workflow unter Einsatz von Automatisierungstechnologie. Acolad testet mit einigen Kunden bereits die Einführung einer strukturierten Content-Authoring-Strategie. 

Abteilungsübergreifende Kommunikation 

Es gibt eine deutliche Überlappung zwischen den neuen Sicherheitsdokumenten und der Dokumentation im Bereich der Kennzeichnung. Tatsächlich sind weite Teile des SSCP mit der Gebrauchsanleitung (IFU) deckungsgleich. Deshalb ist es wichtig, dass Abteilungen, die bisher isoliert agierten (z. B. Medical Affairs, Rechtsabteilung, Kennzeichnung und Clinical Ops) proaktiv und regelmäßig miteinander kommunizieren: Das gewährleistet eine maximale Wiederverwendung abteilungsübergreifend nutzbarer Inhalte, reduziert Zykluszeiten und senkt damit ggf. auch die Übersetzungskosten. Wir helfen unseren Kunden dabei, die Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Stellen im Unternehmen erfolgreich zu optimieren. 

Diese Best Practices bieten sich an, um den PMS-Prozess im Rahmen der MDR so effizient und problemlos wie möglich zu gestalten. 

Acolad verfügt über umfassende Erfahrung in der Zusammenarbeit mit Herstellern von Medizinprodukten und unterstützt Sie gerne. Kontaktieren Sie uns: Wir helfen Ihnen bei der Planung und Umsetzung.